GPS-Tracking von Kindern: eine ethische Standortbestimmung
- corneliabeutler
- 13. Jan.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 5 Tagen
Immer mehr Eltern setzen GPS-fähige Kinderuhren ein, um ihren Nachwuchs im Alltag zu orten. Die Anbieter werben mit dem Versprechen, die Sicherheit der Kinder zu erhöhen. Wie viel Überwachung ist tatsächlich sinnvoll, und wann überschreiten wir eine ethische Grenze?

Foto: Unsplash/Elizaveta Dushechkina
Genau mit dieser Frage habe ich mich intensiv auseinandergesetzt und sie in meiner Zertifikatsarbeit für das CAS Digital Ethics an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich systematisch bearbeitet. Ich habe mich dabei am Schema der ethischen Entscheidungsfindung nach Bleisch, Huppenbauer und Baumberger orientiert. GPS-fähige Smartwatches für Kinder stehen im Zentrum: Ihre Funktionalitäten gehen mit Kamera, Mikrofon, SOS-Knopf oder Unterhaltungsspielen oftmals weit über das reine Geo Tracking hinaus.
Die Arbeit startet mit einer Begriffsdefinition sowie einer Auslegeordnung der juristischen, entwicklungspsychologischen und sicherheitsrelevanten Aspekte. Es folgt eine ausführliche Stakeholder-Analyse, um die verschiedenen Interessen in der Thematik zu verdeutlichen. Die Sammlung, Einordnung und Gewichtung ihrer Argumente gemäss normativen Hintergrundtheorien bildet schliesslich die Basis für die Beantwortung der moralischen Frage. Es folgen verschiedene Handlungsempfehlungen.
Kernaussagen und Erkenntnisse
Rechtlich: Eltern haben zwar eine Fürsorgepflicht (ZGB Art. 296ff), müssen aber auch die Grundrechte des Kindes achten – insbesondere Privatsphäre, freie Meinungsäusserung und Datenschutz. Geräte mit Kamera/Mikrofon können zudem strafrechtlich problematisch sein (StGB Art. 179bis).
Entwicklungspsychologisch: Überwachung kann die Eltern-Kind-Beziehung untergraben sowie Autonomie, Selbstverantwortung und Kreativität von Kindern hemmen. Vertrauen und echte Freiräume sind zentral für die gesunde Entwicklung.
Sicherheitsrelevant: Kinderuhren können weder Unfälle noch Verbrechen verhindern. Stattdessen weisen sie teilweise gravierende Cybersecurity-Mängel auf (fehlende Verschlüsselung, keine Authentifizierung, schwache Passwörter, Zugriff durch Dritte möglich u.v.m.).
Stakeholder-Analyse: Die Interessen der Kinder (Freiheit, Selbstwirksamkeit, informelle Selbstbestimmung) stehen teils im Widerspruch zu elterlichen Ängsten. Hersteller handeln oft wirtschaftlich orientiert – auf Kosten von Datenschutz und Sicherheit.
Fazit
GPS-Tracking von Kindern durch Eltern ist in der Regel nicht ethisch vertretbar, da der Nutzen (gefühlte Sicherheit) den Schaden (Eingriff in Persönlichkeitsrechte) nicht aufwiegt. Ausnahmen sind nur denkbar bei freiwilliger Zustimmung des Kindes, punktueller Nutzung und Geräten ohne invasive Zusatzfunktionen.
Meine Empfehlungen für Eltern, Politik und Gesellschaft
Regulierung: Verbot von Kinderuhren mit Kamera oder Mikrofon (wie in Deutschland seit 2017), Einführung von IT-Sicherheitsstandards
Aufklärung: Förderung der Digital Literacy von Eltern und Bezugspersonen, alters- und zielgruppengerechte Vermittlung von Kinderrechten und Datenschutz
Pädagogik: Formulierung klarer Regeln an Schulen (z.B. Gleichstellung mit Handygebrauch), Sensibilisierung Eltern und Lehrpersonen
Gesellschaft: Werte wie Vertrauen, Freiheit und Eigenverantwortung wieder stärker ins Zentrum rücken
Möchten Sie mehr dazu erfahren?
Gerne berate ich Sie individuell zum Umgang mit GPS-Tracking und Kinderuhren oder teile meine Erkenntnisse an einer öffentlichen Infoveranstaltung in Ihrer Gemeinde. In einem kostenlosen und unverbindlichen Gespräch klären wir gemeinsam, welche Rahmenbedingungen dafür bestehen: Buchen Sie einfach hier im Kalender einen Termin und ich rufe Sie zum gewünschten Zeitpunkt an.