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Warum die Schweizerische Post X den Rücken kehrte

corneliabeutler

Im November 2024 hat die Post sämtliche Aktivitäten auf X (ehemals Twitter) eingestellt und all ihre Profile gelöscht. Doch was waren die konkreten Gründe dafür?

Foto: Unsplash/Adrian Newell


Als Elon Musk 2022 Twitter übernahm, veränderte sich schlagartig Vieles:

  • Ausdünnung der Teams in den Bereichen Security & Compliance sowie Community Moderation: Insgesamt wurden 50% der Belegschaft entlassen.

  • Abschaffung der echten Verifizierung resp. Einführung einer käuflichen Verifizierung ohne Identitätsnachweis: Es sprossen die Fake-Accounts.

  • Erlaubnis für die bezahlte Verbreitung pornografischer Inhalte: Musk reagierte damit auf den drastischen Einbruch der Werbeeinnahmen.


Gemeinsam mit dem Social-Media-Team habe ich diese Entwicklung über Monate aufmerksam beobachtet. Aus unserer Sicht begünstigte sie nicht nur eine polarisierte Dialogkultur, die sich mit der Social-Media-Netiquette der Post beisst. Sie kollidierte auch mit dem Bekenntnis zu vertrauenswürdigen, sicheren und nachhaltigen digitalen Lösungen, welches im Leitfaden Digitalethik der Post festgehalten ist. Im Frühjahr 2024 war uns klar, dass X für die Post nicht mehr länger ein geeignetes Umfeld für eine vertrauenswürdige Präsenz darstellte.


Wie wir vorgegangen sind

  • Austausch mit anderen Social-Media-Spezialist:innen: Wir suchten das Gespräch im Konzern und mit weiteren Firmen im staatsnahen Umfeld. Wie gingen sie mit der Situation um und welche Anpassungen nahmen sie vor?

  • Analyse Dialogvolumen: Wir untersuchten die auf Social Media eingehenden Anfragen. 2023 verzeichnete die Post auf X 4600 Nachrichten – das entsprach nur 18% des gesamten anfallenden Dialogs via soziale Medien. Der Großteil der Kommentare war wenig konstruktiv und oft geprägt von Verschwörungstheorien.

  • Einbezug Stakeholder: Wir involvierten die relevanten Entscheidungsträger:innen, allen voran die Medienstelle. Ihnen brachten wir unsere Argumente vor, um sie bezüglich Netiquette und Digitalethik zu sensibilisieren.

  • Evaluation Alternativen: Für einen Shift der Medienstelle prüften wir Bluesky und Threads, verwarfen diese jedoch wieder aufgrund (noch) fehlender Funktionalitäten und (noch) geringer Nutzerzahlen in der Schweiz. LinkedIn bot sich als beste Alternative an. Die Plattform wächst kontinuierlich: auch Medienschaffende sind hier immer zahlreicher aktiv.


Im Mai 2024 ging schliesslich eine LinkedIn-Fokusseite für die Medienstelle live und die vier sprachgetrennten Medienkanäle auf X wurden drei Monate später gelöscht. Im November 2024 folgte auch die Einstellung aller Geschäftskundenkanäle. Ich bin überzeugt, dass die Schweizerische Post mit diesem Rückzug von X ein starkes Zeichen für eine verantwortungsbewusste digitale Kommunikation setzen konnte.



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